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Zeiler Hubert Karl: Das ist eine Generalreinigung für den ganzen Körper

Er ist einer der beständigsten deutschen Ultraläufer und in der Szene bekannt als „Mr. Spartathlon“. Der Zeiler Extremläufer Hubert Karl hat es wieder einmal geschafft: Er hat zum 22. Mal den Spartathlon in Griechenland in der vorgeschriebenen Zeit von 36 Stunden absolviert. Er ist damit weltweit der einzige Teilnehmer, der diese Leistung vollbracht hat. Im Ziel angekommen, war er überglücklich. Von der Quote her sei das nach 25 Teilnahmen ein Wahnsinn. Und: „So ein Lauf ist eine Generalreinigung für den ganzen Körper, das tut gut“, sagt der 61-Jährige.

 

Bei der 37. Auflage dieses 246 Kilometer langen Laufes haben sich an einem Freitagmorgen um 6 Uhr 370 Männer und Frauen aus 53 Ländern von der Akropolis in Athen aus auf den beschwerlichen Weg gen Sparta gemacht. Der Körper muss dabei Höchstleistungen erbringen. Die Temperaturen lagen auch diesmal wieder um die 30 bis 36 Grad, die Luftfeuchtigkeit war hoch – insgesamt mussten 3000 Höhenmeter bewältigt werden.

Nicht jeder hält trotz Trainings dieser Belastung stand. 197 Teilnehmer schieden vor dem Ziel aus. Wie seine Mitstreiter durfte auch Karl die Zeit von 36 Stunden nicht überschreiten. Diese Vorgabe hat der Zeiler deutlich unterboten. Mit 33:57 Stunden lag er nur 2:27 Stunden hinter dem besten Deutschen, Frank Ewen (42) aus Delbrück-Sudhagen.

Karl ist im Laufgeschäft ein alter Hase. Seine Karriere begann 1983, als er merkte, dass seine Kondition fürs Fußballspielen nicht ausreichte. Für den Zeiler ein deutliches Zeichen, etwas an seiner Fitness zu ändern. Mit Distanzen über zwei Kilometer hat er damals sein Training begonnen, nach einem halben Jahr ist Karl seinen ersten Marathon gelaufen. Sechs Jahre später steckte er sich Ziele über die Marathondistanz hinaus.

Der Weg war frei für den Spartathlon. Das ist ein 246 Kilometer langer Nonstop-Lauf. Es handelt sich dabei um einen der schwersten und längsten Nonstop-Läufe der Welt, mit einem einzigartigen kulturellen und historischen Hintergrund.

 

Acht Wochen Vorbereitung

 

Wer glaubt, dass Karl jeden Tag 50 Kilometer zur Vorbereitung auf das Ereignis läuft, liegt falsch. Im Gegenteil: Jeweils der 1. August eines Jahres ist für ihn der Starttag, dann bleiben ihm noch acht Wochen bis zum Rennen für Vorbereitungen. Es seien harte Vorbereitungen, sagt der Extremsportler, mitunter läuft er sich über 100 Kilometer am Stück warm. In diesem Jahr waren es immerhin 80 Kilometer.

Zwei Wochen vor dem Spartathlon reduziert Karl das Training, der Körper muss sich regenerieren. „Dafür den richtigen Punkt zu erwischen, das ist die große Kunst“, erzählt der Läufer. Doch trotz Trainings: Wie schafft es ein Mensch, 246 Kilometer am Stück zu rennen? Karls sagt, er denke in Etappen. Sein großer Vorteil: „Ich bin mental außergewöhnlich stark.“

Ohne seine Frau, die zugleich seine Betreuerin ist, würde Karl die Distanz aber nicht bewältigen können. Rund 18 000 Kalorien verbraucht ein Läufer im Schnitt. Insgesamt gibt es deshalb entlang der Strecke 75 Stationen, an denen die Läufer vor Beginn des Spartathlons ein Paket von sich hinterlegen können, darin Essen, isotonische Drinks, neue Schuhe. An 15 der „Checkpoints“ dürfen die Betreuer auf ihre Schützlinge warten. Karl legt vorher fest, was er gerne haben würde. Eine Terrine zum Beispiel, eine Stirnlampe oder eine Jacke. „Das ist ganz wichtig für meinen Kopf, dass ich weiß, meine Frau wartet mit allen notwendigen Utensilien entlang der Strecke auf mich“, erzählt er.

Doch trotz aller Vorbereitung – ein Kraftakt bleibt der Lauf allemal. Karl sagt, er habe selbstverständlich auch Momente, in denen er das Ende herbeisehne oder sich denke, „jetzt reicht es mir“. Er werde dann müde, erzählt er. Einmal, blickt er zurück und lacht, habe er sich bei Kilometer 171 für zehn Minuten einfach hingelegt. Danach hatte sich der Organismus wieder erholt. „Wenn er will, ist der Mensch zu Unglaublichem fähig“, sagt Karl. Verrückt sei er nicht. Er werde durch das Laufen viel ausgeglichener und ruhiger. „Ich kann von mir sagen, ich lebe viel bewusster und besser als manch anderer.“

Karl sieht im Spartathlon einen weiteren gesundheitlichen Vorteil: „All meine Körperreserven werden dabei regeneriert. Wenn alle Organe einmal gefordert sind, bauen sich die Zellen neu auf. Das ist wie eine Generalreinigung für den Körper.“

 

Die Liebe zum Bier ist kein Tabu

Trotz aller Fitnessrituale lebt Karl aber freilich nicht nur von Obst, Gemüse und Wasser. Er sei ein ausgesprochener Bio-Flei schesser und liebe sein Bier ebenso wie Brennnessel-Wasser. Seine Erfahrungen und sein Wissen gibt der Extremsportler seit Jahren an andere Menschen weiter. In seinem 2016 erschienenen Buch „lebens prinzip bewegung“ berichtet der Lauftherapeut von seinen sportlichen Erfahrungen und gibt seinen Lesern Tipps an die Hand. Karl freut sich über jeden, der es über seine Homepage bestellt und um eine Widmung bittet. „Die meisten Menschen haben einen gesunden Körper geschenkt bekommen. Dieses Geschenk gilt es zu hüten, zu bewahren und zu schätzen. Meine Aufgabe sehe ich darin, Menschen auf dem Weg zu einem bewussteren Umgang mit diesem kostbaren Gut durch Bewegung zu unterstützen und zu begleiten“, sagt Karl.

173 000 Kilometer ist der 61-Jährige in seinem Leben schon gelaufen. Karl bietet neuerdings Laufkurse für Menschen jeglichen Alters an. Er hält aber auch Seminare, bietet Coaching an, erstellt Laufanalysen und ist als Lauftherapeut etwa für Menschen mit Depressionen und übergewichtige Kinder aktiv.

Quelle:

https://www.infranken.de/regional/hassberge/sport/zeiler-hubert-karl-das-ist-eine-generalreinigung-fuer-den-ganzen-koerper;art292,4465914